Didaktikkompetenzen in der Informatik sind entscheidend für den Standort Deutschland

Im Gespräch mit Anna Müller-Trimbusch, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiterin Förderung, zur Bedeutung der Didaktik der Informatik als Handlungsfeld im Themenschwerpunkt Künstliche Intelligenz.

Organisation:Carl-Zeiss-Stiftung
Fachgebiet:Förderung
Themenschwerpunkte:Künstliche Intelligenz

Frau Müller-Trimbusch, warum ist die Didaktik der Informatik für die Stiftung so wichtig?

Informatische Grundkenntnisse sind in einer zunehmend digitalisierten Welt immer wichtiger. Guter Informatikunterricht heißt nicht nur, Schüler:innen dazu zu befähigen, die Welt zu verstehen und mitzugestalten.  Entsprechende Kompetenzen sind auch zentral für den späteren beruflichen Werdegang, ganz gleich, ob dieser in die Wirtschaft oder Wissenschaft führt. Mittel- und langfristig ist es damit auch ein Thema für den Standort Deutschland. Wir können es uns schlicht nicht leisten, das zu vernachlässigen.

Wie passt die Informatikdidaktik in die KI-Strategie der Stiftung?

Die Schwerpunktthemen der CZS, darunter KI, sollen wissenschaftliche Herausforderungen adressieren, deren Bearbeitung auch einen Mehrwert für Wirtschaft und/oder Gesellschaft verspricht. Die KI ist eine der wichtigsten und vielversprechendsten Zukunftstechnologien des 21. Jahrhunderts. Hierfür brauchen wir entsprechend qualifizierten Nachwuchs. Wie sehr dieser jetzt schon fehlt, merken wir unter anderem daran, dass entsprechende Stellen in unseren Förderprojekten häufig nur mit großer Verzögerung besetzt werden können. Das ist ein Hemmschuh für den wissenschaftlichen Fortschritt – in der Informatik selbst, aber auch in anderen Bereichen. KI ist ja ein Treiber in vielen wissenschaftlichen Disziplinen.

„Wir können es uns schlicht nicht leisten, die Informatikdidaktik zu vernachlässigen.“
Anna Müller-Trimbusch
Leiterin der Förderprogramme

Wie will die Carl-Zeiss-Stiftung, die Didaktik der Informatik stärken?

Die Zahl der Bundesländer, die einen verpflichtenden Informatikunterricht anbieten, steigt. Eine zentrale Herausforderung bei der Einführung und dem Ausbau des Informatikunterrichts ist ein Mangel an Informatiklehrkräften. Um diese in annähernd ausreichender Zahl ausbilden zu können, bedarf es einer Community die sich wissenschaftlich mit der Didaktik der Informatik auseinander setzt. Und hier kommt die CZS als Förderstiftung von Wissenschaft und Forschung ins Spiel. Wir haben in der Vergangenheit bereits fünf Stiftungsprofessuren für die Didaktik der Informatik gefördert. Dabei haben wir gesehen, dass der Pool von entsprechend qualifizierten Wissenschaftler:innen, die auf  solche Schlüsselprofessuren berufbar sind, einfach größer werden muss.

Und wie will die Carl-Zeiss-Stiftung diesen Pool zu vergrößern?

Wir haben aktuell ein CZS Kolleg Informatikdidaktik ausgeschrieben, das nicht nur gute und relevante Promotionen hervorbringen soll. Den Doktorand:innen soll durch das Kolleg auch Vernetzung, gemeinsames Lernen oder der Austausch von best practices geboten werden. Mehr Personen sollen unter wirklich guten Bedingungen ihrer Forschung nachgehen können und dadurch befähigt werden, später Lehrer:innen ausbilden zu können.
Hierfür stellt die CZS über 8 Jahre bis zu 10 Mio. Euro zur Verfügung. Mit dieser Summe können bis zu 20 Doktorand:innen-Stellen finanziert werden, aber auch eine Koordinationsstelle sowie Vernetzungs- und Kommunikationsaktivitäten.
Unsere Hoffnung ist, dass wir mit diesem CZS Kolleg einen zentralen Ort des Netzwerkens für die Informatikdidaktik in Deutschland schaffen.

Gibt es bisher keine vergleichbaren Orte in Deutschland?

Ein Promotionskolleg für Informatikdidaktik in dieser Größenordnung gibt es unseres Wissens bislang nicht. Was es bereits gibt, sind viele engagierte Einzelpersonen und Institutionen. Optimalerweise bietet das Kolleg ihnen eine Plattform oder einen zentralen Ort, um noch besser zu kooperieren und die Kräfte zu bündeln.

Welche Voraussetzungen müssen Institutionen mitbringen, um sich auf die Ausschreibung bewerben zu können?

Die Ausschreibung richtet sich in erster Linie an alle Hochschulen in unseren Förderländern, die Informatiklehrer:innen ausbilden. Von Vorteil ist die Offenheit zur Kooperation. Wir begrüßen es sehr, wenn mehrere Institutionen dieses Promotionskolleg gemeinsam aufsetzen. Dabei muss nur der oder die Hauptantragsteller:in an einer Institution in unseren Förderländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz oder Thüringen beheimatet sein. Kooperationspartner eines Antrags können bundesweit verortet sein.  
Bei der genauen Gestaltung  des Graduiertenkollegs vertrauen wir den Antragssteller:innen. Hier ist sicherlich Erfahrung im Aufbau solcher Strukturen von Vorteil – und wie man sie nachhaltig gestaltet. 

„Es muss die Bereitschaft da sein, eine Plattform für dieses Thema in Deutschland zu werden.“
Anna Müller-Trimbusch
Leiterin der Förderprogramme

Was ist der Stiftung dabei besonders wichtig?

Es muss die Bereitschaft da sein, durch Kooperation eine Plattform für dieses Thema in Deutschland zu werden. Und der Ehrgeiz, einen neuen Standard in der akademischen Qualifizierung zu setzen. Wichtig ist außerdem ein gutes Rekrutierungskonzept. Also eine gute Strategie, wie man die Stellen mit den richtigen Leuten besetzt und diese mindestens bis zur beendeten Promotion bindet.

Wie wird die Antragstellung begleitet?

Eine Antragstellung erfolgt in zwei Schritten: zunächst bitten wir um die Einreichung von Projektskizzen. Nach einer ersten Begutachtung werden erfolgversprechende Skizzen zu einem Vollantrag eingeladen . In einem wettbewerblichen Verfahren ermitteln wir dann den aus unserer Sicht am besten geeigneten Standort für ein CZS Graduiertenkolleg für Informatikdidaktik.  
Insbesondere in der Phase, wenn der Vollantrag verfasst wird, stehen wir in der Geschäftsstelle als Ansprechpartner für Rückfragen zur Verfügung. Wir sind also offen für Gespräche und Beratung der antragstellenden Institutionen. Natürlich aber nur im Rahmen der Grenzen eines wettbewerblichen Verfahrens.

Wie wurde die Ausschreibung eigentlich erarbeitet?

In der Konzeptionsphase haben wir viel mit Vertreter:innen von verschiedenen Organisationen und Institutionen sowie mit Professor:innen für Informatikdidaktik gesprochen. Wir haben die Community dabei als sehr kooperativ erlebt. Alle ziehen an einem Strang – und das zum Teil seit Jahren! Wir sind also nicht die, die als erste und einzige das Problem erkannt haben - ganz im Gegenteil. Insofern soll auch das Graduiertenkolleg weiterhin dieses kooperative Element haben. Wir wollen auch ein Booster sein für Aktivitäten, die es bereits gibt und die mit ganz viel Engagement vorangetrieben werden.

Anna Müller-Trimbusch

Mitglied der Geschäftsleitung/Leiterin Förderung

Telefon: +49 (0)711 - 162213 - 14

E-Mail: anna.mueller-trimbusch@carl-zeiss-stiftung.de